Diagnose: Lymphdrüsenkrebs
1. Unterwanderung des Immunsystems.
Der Blutkreislauf regelt den Transport von Sauerstoff, Nährstoffen und Abfallprodukten – rund 7000 Liter Blut pumpt das Herz umgerechnet jeden Tag durch den Körper. Daneben existiert ein zweiter Kreislauf, der nicht weniger wichtig ist: das Lymphsystem. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Gefäßen, Organen und Knotenpunkten, die sich an vielen Stellen des Körpers befinden. Eine wichtige Aufgabe dieses Systems besteht darin, Stoffwechselabbauprodukte und Krankheitserreger aus dem Körper zu filtern und abzutransportieren. So kommt es, dass zum Beispiel eine Erkältung die Lymphknoten anschwellen lässt. Als ‚Filterstationen’, durch die Lymphflüssigkeit fließt, arbeiten sie jetzt auf Hochtouren. Spezielle weiße Blutkörperchen, die Lymphozyten, bilden Antikörper gegen die Eindringlinge.
In seltenen Fällen allerdings verursachen diese lymphatischen Zellen, die so wichtig für unsere Gesundheit sind, eine überaus gefährliche Erkrankung: maligne Lymphome oder auch Lymphdrüsenkrebs. Diese Geschwülste entstehen, wenn Lymphozyten entarten und anfangen, unkontrolliert zu wuchern. 2. Lymphomtypen: Hodgkin und Non-Hodgkin.
Ein Lymphom an sich ist ein Tumor, also eine Schwellung oder Vergrößerung eines Lymphknotens. Die Bezeichnung selbst sagt noch nichts über die Bedeutung dieser Veränderung aus, erst der Zusatz „benigne“ (gutartig) oder „maligne“ (bösartig) charakterisiert die Krankheit näher. Gefährlich sind die bösartigen Geschwülste, die Mediziner in Hodgkin-Lymphome und Non-Hodgkin-Lymphome unterscheiden.
Hodgkin-Lymphome (auch Morbus Hodgkin)
Charakteristisch für diesen Typ sind sogenannte Reed-Sternberg-Riesenzellen, die nur unter dem Mikroskop sichtbar sind. Unbehandelt verläuft diese Krebsart fast immer tödlich, rechtzeitig therapiert stehen die Heilungschancen bei Hodgkin-Lymphomen jedoch gut: Bis zu 70 Prozent aller Patienten überleben die Krankheit, in frühen Stadien sind es sogar über 90 Prozent. Morbus Hodgkin ist mit etwas mehr als 2000 Fällen jährlich eine verhältnismäßig seltene Krebsart. Im Vergleich dazu erkranken jedes Jahr etwa 58 000 Frauen an Brustkrebs und rund 60 000 Männer an Prostatakrebs. Die statistische Altersverteilung zeigt, dass das Hodgkin-Lymphom besonders häufig in zwei verschiedenen Altersgruppen auftritt: Mitte 20 und Mitte 60.Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)
Dieser Typ umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher bösartiger Tumore, die sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des lymphatischen Systems bilden können. Entscheidend für Art und Intensität der Therapie ist vor allem der Grad der Bösartigkeit (Malignitätsgrad). Man unterscheidet niedrig maligne und hoch maligne NHL-Formen. Etwa zwei Drittel der Befunde zählen zu den niedrig malignen Formen. Sie können über Jahre bestehen, ohne den Patienten allzu stark zu belasten, wachsen langsam und bleiben längere Zeit auf einen kleineren Bereich begrenzt. Ein knappes Drittel aller Non-Hodgkin-Lymphome dagegen ist sehr aggressiv: Dieser hoch maligne Typ wächst schnell und dehnt sich schon früh über weite Körperbereiche aus. Unbehandelt verläuft er meist innerhalb weniger Monate tödlich, setzt die Therapie frühzeitig ein, sind aber auch hier die Prognosen sehr günstig.
Rund 6400 Männer und 6300 Frauen erkranken jedes Jahr am NHL. In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl der Neuerkrankungen zugenommen, warum ist allerdings noch unklar. Eine mögliche Erklärung ist, dass sich im gleichen Zeitraum die Untersuchungsmethoden erheblich verbessert haben – ein statistischer Anstieg kann also schlicht auch auf die frühere Diagnose zurückzuführen sein. Das Durchschnittsalter der Erkrankten beträgt bei Männern 67, bei Frauen 70 Jahre – dieser Krebs tritt somit, anders als beim Hodgkin-Lymphom, meist bei älteren Patienten auf.3. Vieren erhöhen das Risiko.
Schon länger ist bekannt, dass Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, zum Beispiel HIV- oder AIDS-Patienten, ein erhöhtes Risiko haben, am NHL zu erkranken. Im Frühjahr 2009 veröffentlichte das Deutsche Krebsforschungszentrum die Resultate einer groß angelegten Studie. Knapp 2500 Lymphom-Patienten in ganz Europa gaben dafür Auskunft über ihre Vorerkrankungen. Die Ergebnisse belegen: Sowohl Hepatitis B und C als auch das Epstein-Barr-Virus, der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers, erhöhen das Krankheitsrisiko um das Zwei- beziehungsweise Siebenfache. Ob genetische Faktoren eine Rolle spielen, können Experten nur vermuten. Eine eindeutige und bei allen Lymphomen einheitliche genetische Veränderung konnten sie bisher jedoch nicht nachweisen.4. Symptome: Schwellungen der Lymphknoten.
Laut Deutschem Krebsinformationsdienst entdecken die meisten Betroffenen das Lymphom eher zufällig, eine wirksame Früherkennung gibt es bis jetzt nicht. Viele beobachten über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen vergrößerte, geschwollene Lymphknoten, etwa im Hals- und Brustbereich, in der Achselhöhle, der Leistengegend oder im Bauchbereich. Weiteres Anzeichen: Die Schwellungen verursachen auf Druck keine Schmerzen.
Rund ein Drittel der Erkrankten klagt zusätzlich über vergleichsweise unspezifische Beschwerden, auch als B-Symptome bezeichnet: unerklärliches, wiederkehrendes Fieber, scheinbar grundloser Gewichtsverlust von mehr als zehn Prozent in den vorausgegangenen sechs Monaten, starkes nächtliches Schwitzen, allgemeiner Leistungsabfall und Schwächegefühl, starker Juckreiz.5. Behandlung: gute Ergebnisse mit Strahlen- und Chemotherapie.
Die Therapiemöglichkeiten und damit die Heilungschancen haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Grundsätzlich gilt: Je früher Lymphdrüsenkrebs erkannt wird, desto besser. Kleiner Lichtblick: Bösartige Lymphome sprechen in der Regel gut auf eine Strahlen- und Chemotherapie an.
Strahlentherapie
Eine Bestrahlung erfolgt fast immer an mehreren aufeinanderfolgenden Terminen, da die Gesamtdosis viel zu hoch und mit zu vielen Nebenwirkungen verbunden wäre. Zudem befinden sich nicht alle Tumorzellen gleichzeitig im Stadium der Zellteilung. Ziel der Strahlentherapie ist es, die wuchernden Zellen durch gezielten Beschuss zu zerstören.
Chemotherapie
Die chemotherapeutische Behandlung erfolgt ebenfalls in mehreren Abschnitten (Zyklen). Diese können jeweils drei bis vier Wochen dauern und richten sich in Dosierung, Art sowie Länge nach Lymphomtyp und Stadium. Die Chemotherapie arbeitet mit Medikamenten (Zytostatika), die diejenigen Zellen im Körper zerstören, die sich schnell teilen – also auch Krebszellen. Zusätzlich zu den Zytostatika werden weitere Medikamente verabreicht, sogenannte Schemata. Eine Chemotherapie kann sehr belastend für den Körper sein, da sich die Medikamente über den Blutkreislauf im ganzen Körper verteilen und auch gesunde Zellen angreifen. Mögliche Nebenwirkungen sind Erschöpfung, Störungen des Immunsystems und damit eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte, vorübergehender Haarausfall oder Schleimhautentzündungen. Medikamente können einige Auswirkungen wie Übelkeit, Erbrechen oder Appetitlosigkeit mittlerweile gut lindern oder ganz verhindern.Weitere Therapieansätze
Neben diesen beiden Therapiemethoden gibt es noch die Möglichkeit, Interferone (körpereigene Botenstoffe, die für viele Immunfunktionen wichtig sind) oder künstlich hergestellten Abwehrproteine (monoklonale Antikörper) einzusetzen. Diese Proteine setzen sich auf der Oberfläche von Lymphomzellen fest und ermöglichen so einen gezielteren Beschuss mit radioaktiven Stoffen (Radioimmuntherapie). In seltenen Fällen, wenn die anderen Behandlungsmethoden nicht den gewünschten Erfolg zeigen, werden Stammzellen oder Knochenmark transplantiert.